Preis für Durchbruch in der Krebsforschung

Der Lasker Preis für herausragende medizinische Fortschritte 2015 geht an Dr. James Allison für die Entwicklung der Checkpoint-Blockade zur Krebstherapie. Hierbei handelt es sich um eine Art der Krebsimmuntherapie. Allison und Kollegen erforschten, wie eine bestimmte Art von Zellen des Immunsystems, die T-Zellen, Krankheitserreger erkennen. Ihnen wird von anderen Immunzellen berichtet, welche Krankheitserreger sich im Körper befinden. Dafür werden den T-Zellen charakteristische Merkmale der Krankheitserreger präsentiert, sogenannte Antigene. Alle Zellen, die diese Antigene aufweisen, werden daraufhin vom Immunsystem attackiert. Dieser Abwehrmechanismus funktioniert prinzipiell auch zur Bekämpfung von Krebs, denn Krebszellen tragen ebenfalls charakteristische Antigene. Oft wird Krebs aber eben nicht vom Immunsystem angegriffen und kann sich ungestört ausbreiten – denn der Tumor wird für gesundes Gewebe gehalten.

Körpereigene Antigene, also typische Merkmale von gesunden Zellen, werden den T-Zellen ebenfalls laufend präsentiert. Gleichzeitig wird aber signalisiert, dass es sich hierbei um ein harmloses Antigen handelt, das nicht angegriffen werden soll. Dieses „harmlos“-Signal ist ein sogenannter Checkpoint des Immunsystems. Wie genau dieses Signal aussieht, entschlüsselte das Team um Dr. Allison. Es handelt sich um ein Eiweiß namens CTLA-4, das den T-Zellen gleichzeitig mit den körpereigenen Antigenen präsentiert wird und so die Immunantwort hemmt. Allison stellte die Hypothese auf, dass eine vorübergehende Blockierung dieses Signals dazu führen müsste, dass Krebs vom Immunsystem als Krankheit erkannt wird.

In einer bahnbrechenden Studie in Mäusen konnte sein Team diese Hypothese dann bestätigen. Den Mäusen wurden Krebszellen injiziert, so dass sie Tumore entwickelten. Als die Forscher einen Teil der Mäuse mit einem Antikörper behandelten, der CTLA-4 blockierte, bildeten sich deren Tumore vollständig zurück. Eine zweite Injektion mit Krebszellen 70 Tage später zeigte, dass die Mäuse sogar eine anhaltende Immunität gegen den Krebs entwickelt hatten. Klinische Studien bestätigten, dass auch in Menschen die Blockierung von CTLA-4 durch Antikörper das Immunsystem gegen Krebs mobilisieren kann. Das erste Medikament auf dieser Basis, Ipilimumab, wird seit 2011 zur Behandlung des besonders aggressiven schwarzen Hautkrebs eingesetzt. Aktuelle Studien deuten auch auf eine Wirksamkeit bei anderen Krebsarten, wie etwa Lungenkrebs hin.

Nachdem Allison dieses neue Prinzip zur Krebsbekämpfung am Beispiel von CTLA-4 entwickelt hatte, wurden weitere solcher Checkpoints des Immunsystems identifiziert. Am Checkpoint PD-1/PD-L1 greift zum Beispiel das seit 2014 zugelassene Medikament Nivolumab an, das wir in unserem Faktencheck zum Thema Tiermodelle beschreiben.

Dr. Allison hat einen deutlichen Rat, wie weitere solcher Durchbrüche in Zukunft zu erreichen sind: „Ich glaube was Leute machen sollten, ist, wichtige Fragen der biologischen Grundlagen zu fragen und zwischendurch immer wieder nachzudenken, was die Bedeutung für die menschliche Gesundheit ist, anstatt deine gesamte Zeit darauf zu verwenden, ein Gesundheitsproblem lösen zu wollen.“ Er und sein Team haben es vorgemacht. Angetrieben von ihrer Neugier und ohne wissen zu können, welche Anwendung eines Tages aus ihrer Forschung entstehen könnte, entschlüsselten sie einen äußerst komplexen Aspekt des Immunsystems. Erst durch dieses neue Grundlagenwissen konnten sie einen völlig neuen Ansatz zur Krebsbekämpfung entwickeln.

Zwei weitere Lasker Preise werden dieses Jahr außerdem vergeben. Der Preis für medizinische Grundlagenforschung geht an Evelyn M. Witkin und Stephen J. Elledge für ihre Arbeiten zu DNA-Reparatur. Der Preis für humanitäre Leistungen geht an die Ärzte ohne Grenzen für ihre herausragende Arbeit bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie in Afrika. Die Verleihung der mit je 250.000 USD dotierten Preise wird am 18. September in Manhattan stattfinden. Wir gratulieren den Preisträgern!