Neue Serie #whatsYourResearch

Für Außenstehende ist manchmal schwierig nachzuvollziehen, warum bestimmte Forschungsprojekte gemacht werden. Ohne ausreichenden Kontext versteht man oft nicht einmal, was überhaupt die Frage ist. Ganz zu schweigen davon, warum wir uns für die Antwort interessieren sollten. Deswegen wollen wir in unserer neuen Serie genau das erklären. Und wer könnte das besser als derjenige, der die Forschung macht? Unter #whatsYourResearch erklären Wissenschaftler ihre Projekte.

Laboratory Science—biomedical, by Bill Dickinson, CC BY-NC-ND 2.0

Den Anfang macht Prof. Gary Lewin fom MDC Berlin. Wir haben erfahren, dass seit ein paar Tagen eine PR-Kampagne gegen Gary Lewin läuft, bei der er persönlich angegriffen wird. Unter anderem wird unterstellt, seine Experimente seien „unsinnig“ und „absurd“. Für uns der perfekte Zeitpunkt, mehr zum Hintergrund seiner Forschung zu erfahren.  Letztes Jahr veröffentlichte seine Gruppe eine aufsehenerregende Studie, die fand, dass Nacktmulle bis zu 18 Minuten ganz ohne Sauerstoff auskommen können. Wie machen die das? Und warum ist die biomedizinische Forschungswelt so aus dem Häuschen über dieses Ergebnis? Lest selbst!

Alternative Fakten

Der Begriff „Alternative Fakten“ ist von der Sprachkritischen Aktion Unwort des Jahres zum Unwort 2017 gekürt worden. Er sei der verschleiernde und irreführende Ausdruck für den Versuch, Falschbehauptungen als legitimes Mittel der öffentlichen Auseinandersetzung salonfähig zu machen“.

Die echte Wahrheit oder die alternative? (Pixabay, CC0)

Die Entscheidung der Jury zeugt von einer wachsenden Besorgnis über eine Entwicklung, die immer weitere Bereiche des öffentlichen Lebens einzuschließen scheint. Eine Falschbehauptung wird auch dann noch als Argument gelten gelassen, wenn sie eindeutig als unwahr entlarvt wurde. Dazu bedarf es heute keines raffinierten Täuschungsmanövers, keines bestochenen Beamten, keiner gefälschten Studie. Es wird einfach aus der Luft gegriffen und behauptet. Und dann auf der Behauptung beharrt, egal wie vollständig sie schon widerlegt wurde. „Du magst deine Wahrheit haben, ich glaube aber lieber an meine.“

Es ist die gleiche Sorge, die Anfang 2017 weltweit Unterstützer des wissenschaftlichen Denkens zum Science March auf die Straßen getrieben hat. Ein Event, das sich Anfang 2018 wiederholen wird. Denn unsere Besorgnis wird nicht kleiner.

Wir stehen als Gesellschaft immer wieder vor wichtigen Entscheidungen. Wie sollen wir mit dem Klimawandel umgehen? Unter welchen Umständen sollen Abtreibungen möglich sein? Wo sollen die Grenzen der pränatalen Diagnostik liegen? Wie sieht ethisch vertretbare Tiernutzung aus? Es handelt sich immer um Abwägungen. Wenn nicht, wären diese Entscheidungen nicht schwierig. Wenn zwei wichtige Güter im Konflikt stehen, müssen wir uns einigen, welches Gut das wichtigere ist. Nüchterne Fakten liefern uns hier keine Antwort. Aber sie sind die zwingende Grundlage. Wer die Faktenlage nicht kennt, argumentiert schnell am Thema vorbei. Deswegen sabotieren „alternative Fakten“ jeden demokratischen Entscheidungsprozess. Eine freie Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn die Wahrheit für jeden zugänglich ist. „Die Demokratie stirbt in der Dunkelheit“, wie die Washington Post es formuliert.

Nehmen wir die Frage, ob Impfungen gegen bestimmte Krankheiten verpflichtend sein sollten, statt nur offiziell empfohlen. Neben pragmatischen Argumenten steht hier im Kern die freie Entscheidung über den eigenen Körper gegen den optimalen Schutz der Bevölkerung. Eine Abwägung, über die es viele gute Argumente auszutauschen gibt. Aber diese Argumente gelten nur in der wirklichen Wirklichkeit, der mit den echten Fakten. Heutzutage werden lautstark die Risiken jeder Impfung um mehrere Größenordnungen übertrieben, gar neue erfunden, die Wirksamkeit heruntergespielt, teilweise völlig geleugnet. An den Haaren herbeigezogene Behauptungen, mehrfach widerlegt. Trotzdem überzeugen sie Menschen. Wer das schluckt, steht natürlich vor einer völlig anderen Abwägung, die mit der echten gar nichts mehr zu tun hat. „Soll es eine verpflichtende Behandlung geben, die mit hoher Wahrscheinlichkeit krank macht aber dabei kaum einen Nutzen hat?“ – natürlich nicht! Aber das ist halt auch überhaupt nicht die Frage, vor der wir stehen.

Nehmen wir die Frage, ob wir invasive Grundlagenforschung mit Tieren machen sollten. Auf der einen Seite steht die Verpflichtung, Lebewesen kein Leid zuzufügen. Auf der anderen das Wissen, dass jeder technische und medizinische Fortschritt immer auf Grundlagenwissen beruht. Je mehr Grundlagenwissen, desto größere Fortschritte sind möglich. Auch hier gibt es viele gute Argumente auf beiden Seiten. Und auch hier gibt es Gruppen, die lautstark eine alternative Wirklichkeit erzeugen, in der plötzlich ganz andere Sachen gegeneinander abgewogen werden. „Sollen Wissenschaftler völlig nutzlose Experimente an Tieren ausführen, nur um ihre Neugier zu stillen?“ – natürlich nicht! Aber lass uns da nicht weiter drüber reden, sondern uns der echten Frage zuwenden. Die in der echten Wirklichkeit. Mit den echten Fakten.

Das Thema Tierversuche ist stärker in die Welt der alternativen Wahrheiten abgedriftet, als ich das von irgendeinem anderen Thema erlebe, das mit Misstrauen in die Wissenschaft zusammenhängt. Klar, Klimawandel wird gerade heraus geleugnet, die Wirksamkeit von Impfungen ebenso. Aber dem gegenüber stehen große Aufklärungsbemühungen. Wenn man sich als Unbeteiligter eine Meinung bilden will, stellt man schnell fest, dass es einen wissenschaftlichen Konsens gibt, der den abstrusen Behauptungen widerspricht. Offizielle Stellen sowie viele einzelne Wissenschaftler verteidigen die Fakten.

Beim Thema Tierversuche werden „alternative Fakten“ weitgehend unwidersprochen im Raum stehen gelassen. Wir haben eine lange Kultur des Kopf in den Sand Steckens. Institute sprechen nicht gerne über Tierversuche, einzelne Wissenschaftler ebenso wenig. Das liegt meines Ermessens zum großen Teil daran, dass niemand wirklich für Tierversuche ist. Allen Beteiligten wäre es lieber, wenn wir sie nicht brauchten. Unser eigentliches Ziel ist es, die Welt besser zu verstehen. Wir wissen, dass darin der Schlüssel für neue Errungenschaften wie medizinische Behandlungen liegt. Davon sind wir begeistert und erzählen gerne darüber. Tierversuche sind ein Mittel zum Zweck. Wir wägen ab und kommen zum Schluss, dass es moralischer ist, einen bestimmten Tierversuch durchzuführen, als ihn nicht durchzuführen. Für etwas, das man selbst am liebsten unnötig machen würde, hält aber niemand gerne sein Kinn hin. Und so ist der Konsens, den es zum Nutzen von Tierversuchen unter Wissenschaftlern und Ärzten genauso gibt wie zu den anderen genannten Themen, für Außenstehende kaum sichtbar.

Wie Ihr wisst, ist das bei Pro-Test anders. Wir sprechen offen über Tierversuche. Wir stecken nicht den Kopf in den Sand, sondern zeigen unsere Namen und Gesichter. Wir finden, dass Wissenschaft offen und transparent sein muss. Wir finden, dass wir von uns aus auf die Öffentlichkeit zugehen sollten und nicht nur auf Anfragen oder Anschuldigungen reagieren.

Ins gleiche Horn stößt der Siggener Kreis. Das ist eine kleine aber einflussreiche Gruppe von Wissenschaftskommunikatoren aus dem Journalismus, den Hochschulen, usw. Auch sie äußern sich besorgt über die Zurückweisung wissenschaftlicher Evidenz in Teilen der Bevölkerung und den Einzug „alternativer Fakten“ in die Debatten. In den gerade veröffentlichten Siggener Impulsen 2017 fordern sie: „Wir brauchen Widerstandskräfte gegen falsche Aussagen“. Konkret bedeute das: Sich um Aufklärung bemühen, nicht nur auf Falschaussagen reagieren. Für transparente und integre Wissenschaft sorgen. Den Menschen nicht nur Infos vor den Latz knallen, sondern Möglichkeiten schaffen, sich selbst zu informieren. Alle wesentlichen Schritte des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses sichtbar machen, inklusive Fehler und Leerlauf. Denn: „Misstrauen entsteht nicht zuletzt dadurch, dass Entscheidungen scheinbar hinter verschlossenen Türen getroffen werden“. Der Siggener Kreis fordert, dass „Orte und Strukturen für den Dialog zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Wissenschaft“ geschaffen werden sollten.

Einer dieser Strukturen ist Pro-Test Deutschland e.V. Wann immer ihr Fragen oder Gesprächsbedarf zum Thema Tierversuche habt, könnt Ihr bei uns mit Wissenschaftlern, Tierpflegern, Studenten und anderen Menschen aus dem Wissenschaftsbetrieb sprechen. Das gilt für interessierte Außenstehende genauso wie für Menschen, die selbst mit Tierversuchen zu tun haben. Schreibt uns eine Email, diskutiert mit uns auf Facebook oder Twitter. Wir kommen auch zu Euch in die Schule oder zu einem Diskussionsabend. Denn freie Meinungsbildung braucht zuerst die Fakten.

Tagung zur Versuchstierkunde

Mitte September war die gemeinsame Jahrestagung der Gesellschaft für Versuchstierkunde (GV-Solas) und der Interessensgemeinschaft der Tierpflegerinnen (IGTP) in Köln. Drei Tage lang wurde unter anderem darüber diskutiert, wie man Versuchstiere optimal hält, wie man die Belastung einer gentechnisch veränderten Mauslinie einschätzt, oder wie man am besten über Tierversuche kommuniziert. Da waren wir von Pro-Test Deutschland natürlich nicht weit!

Tagungsort Köln (quelle: https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:11.08.2007._K%C3%B6ln_-_panoramio.jpg, Sandor Bordas)

Gleich vier Mitglieder waren vor Ort, um die neuesten Entwicklungen mitzubekommen. Unser Lars moderierte eine Session über Neuigkeiten bezüglich des 3R-Prinzips (replace, reduce, refine, also Tierversuche ersetzen, reduzieren, verbessern). Dort stellten Wissenschaftler z.B. Untersuchungen darüber vor, mit wieviel Einstreu im Käfig sich eine Maus am wohlsten fühlt, oder welches Spielzeug im Käfig am besten angenommen wird. Das sind Beispiele für das am wenigsten medienwirksame aber genauso wichtige R: refinement. Wir können nicht alle Tierversuche ersetzen. Dann müssen wir die, die übrig bleiben, so gestalten, dass sie so wenig Belastung für die Tiere wie möglich bedeuten. Wie in jedem Bereich der Wissenschaft gibt es auch hier ständig neue Ideen und Erkenntnisse, unter anderem darüber, wie Tiere am besten zu halten sind. In diesem Bereich immer auf dem neuesten Stand des Wissens zu sein, sollte Ziel jeder Versuchstierhaltung sein! Im Interesse der Tiere müssen neueste Erkenntnisse schnellst möglich in der Praxis ankommen, nicht erst wenn sie sich als offizielle Empfehlung niederschlagen.

Unser Flo hielt einen Vortrag in einer Session über Öffentlichkeitsarbeit. Der vollbesetzte Saal zeugte vom großen Interesse am Thema. Neben Pro-Test waren weitere hochkarätige Experten vor Ort: Kirk Leech von EARA, Stefan Treue von Tierversuche Verstehen (außerdem Direktor des deutschen Primatenzentrums), und Boris Jerchow, der von den Protesten gegen den Bau eines modernen Tierhauses am MDC Berlin und dem äußerst erfolgreichen Kommunikationskonzept berichtete, mit dem das Institut reagiert hatte.

Alle Vortragenden waren sich einig: Kommunikation über Tierversuche muss proaktiv erfolgen! Wenn die Institute erst dann über Tierversuche sprechen, wenn sie durch Angriffe oder Schlagzeilen dazu gezwungen werden, sind sie in der Defensive. Dann ist es zu spät, den Sinn und Nutzen der Tierversuche in Ruhe zu erklären. Stattdessen müssen die Institute von sich aus das Thema in die Öffentlichkeit bringen. Umso erschreckender die Zahlen, die Kirk Leech präsentierte: Nur etwa 10% der deutschen Universitäten haben überhaupt ein Statement zu Tierversuchen auf ihrer Internetpräsenz!

Einigkeit herrschte auch darüber, dass die Verpflichtung, über Tierversuche aufzuklären, nicht einfach an eine große Vereinigung wie Tierversuche Verstehen abgeschoben werden könne. Die Unis und Institute müssten zusätzlich selbst über ihre eigenen Versuche berichten. Nur so könne eine Vielstimmigkeit entstehen, die den wissenschaftlichen Konsens zu diesem Thema deutlich mache. So sollten bei jeder wissenschaftlichen Erfolgsmeldung, die ein Institut an die Presse gebe, die Rolle von Tierversuchen für diesen Fortschritt erwähnt werden.
Ein weiteres Thema, das auch vom Publikum rege diskutiert wurde, wurde von Flo eingebracht: die Tierversuchskommunikation innerhalb der Institute. Die Menschen, die täglich mit Versuchstieren arbeiten, Wissenschaftler, Tierärzte, Tierpfleger, müssen in die Öffentlichkeitsarbeit ihrer Einrichtungen eingebunden werden. Es wird schließlich über ihre Arbeit geredet, da sollten sie auch mindestens mal gefragt werden, wie sie die Kommunikation ihrer Pressestellen überhaupt finden. Es muss jedem Mitarbeiter möglich sein, eventuelle Probleme anzusprechen, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen. Dazu braucht es klare interne Kommunikationsstrukturen. Einerseits hilft das, die Einhaltung der Regeln und Auflagen konsequent zu gewährleisten. Anderseits muss es aber auch für das Ansprechen ethischer Zweifel jenseits der verpflichtenden Auflagen einen Platz geben. Besonders Berufsanfänger dürften mit ihren Fragen nicht alleine gelassen werden, wie Wortbeiträge aus dem Publikum anmerkten.

Voraussetzung für die Kommunikation sowohl nach innen als auch nach außen seien Ehrlichkeit und Offenheit, argumentierte Stefan Treue. Man müsse z.B. bereit sein, Fehler einzugestehen, die in der Wissenschaft gemacht werden. Auch in der Diskussion mit Tierversuchsgegnern sollte man seine Offenheit gegenüber ihren Argumenten bewahren. Das entspricht den Erfahrungen, die wir bei Pro-Test gemacht haben. Obwohl uns in Diskussionen sehr viele Argumente begegnen, die einfach auf falschen Tatsachen beruhen, sind auch immer wieder gute und valide Punkte dabei, insbesondere zur ethischen Bewertung von Tierversuchen. Führt man eine Diskussion auf Augenhöhe, ist man nicht nur glaubwürdiger, sondern profitiert auch selbst viel mehr, indem man immer wieder neue Sichtweisen kennenlernt.

Unis, seid wie Hohenheim!

Die Uni Hohenheim hat soeben eine Kommunikationsoffensive gestartet, die in Deutschland ihresgleichen sucht.

Die Uni hat nicht nur eine tolle neue Kommunikationsstrategie, sondern auch ein tolles Schloss

Journalisten werden durch die Versuchstierhaltungen geführt (Bericht 1, Bericht 2). Ein neuer Bereich der Homepage informiert ausführlich über laufende Tierversuche – inklusive virtuellem Rundgang durch die Tierhaltungen. Die Uni nimmt aktiv den Dialog mit Tierschutzorganisationen auf. In den „Hohenheimer Leitlinien für Tierversuche“ verpflichtet sie sich darüber hinaus zu Dialogbereitschaft und Beantwortung aller Anfragen.

Dieser Vorstoß hat bei uns von Pro-Test Deutschland gehörigen Jubel ausgelöst. Und ein kleines bisschen Stolz. Was ihr nämlich nicht wisst: ganz unbeteiligt sind wir an dieser tollen Entwicklung nicht.

Im Februar letzten Jahres wurden wir von der Uni Hohenheim zu einem internen Workshop eingeladen. Es wurde besprochen, wie transparent die zukünftige Öffentlichkeitsarbeit der Uni mit dem Thema Tierversuche umgehen soll. Jeder hat da so seine eigenen Vorstellungen. Aber wer weiß schon, wie die Öffentlichkeit wirklich darauf reagiert, wenn man ganz offen über seine eigenen Tierversuche spricht?

Wir. Offen über Tierversuche sprechen ist, was wir seit unserer Gründung 2015 tun. Mit unseren echten Namen. Mit unseren echten Gesichtern. Im Netz (Facebook, Twitter) genauso wie auf dem Marktplatz (hier, hier, hier) .

Deswegen ist unser Florian für uns nach Hohenheim gefahren und hat den Verantwortlichen dort berichtet, wie das so ist. Wie fühlt sich das an, Namen und Foto so zu veröffentlichen? Wie reagieren die Leute auf der Straße auf das Thema? Was für Feedback kriegen wir per Email? Wenn ihr uns schon eine Weile folgt, dann kennt ihr die Antworten. Es fühlt sich großartig an und das Feedback ist überwältigend. Auch mit entschiedenen Tierversuchsgegnern kann man vernünftig reden, wenn man sich auf Augenhöhe begegnet. Und wir halten es für unsere Verpflichtung als Wissenschaftler, diesen Dialog mit der Gesellschaft, in  der wir leben,  offen zu führen.

Natürlich wissen wir nicht, wie sehr wir die Entscheidung zum neuen, offenen Konzept der Uni Hohenheim wirklich mit beeinflusst haben. Aber wir freuen uns irrsinnig, dass sie jetzt zu einer offenen Kommunikationsstrategie übergegangen sind, die ganz genau so ist, wie wir sie uns für alle deutschen Universitäten wünschen würden.

Wenn ihr wollt, dass wir auch an eurem Institut mit euch über unsere Vorstellungen von gelungener Tierversuchskomminikation sprechen, sagt einfach Bescheid. Wir kommen vorbei!

 

Mr. Spock und ein Flugzeug voller Mäuse

Ein entführtes Flugzeug rast auf ein vollbesetztes Fußballstadion zu. Um zehntausende Leben zu retten, schießt ein Kampfpilot das Flugzeug ab. Der Haken: An Bord waren 164 Passagiere. Genauso unschuldig, wie die Personen im Fußballstadion.

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Ein entführtes Flugzeug abschießen, bevor es auf ein Fußballstadion rast? Klare Sache für Mr. Spock (Bilder aus der public domain)

Das ist zum Glück nicht in echt passiert, sondern nur im Fernsehen. Das Erste stellte diese Woche im Film „Terror – Ihr Urteil“ den fiktiven Kampfpiloten vor Gericht. Wäre er zu verurteilen oder nicht? Schwierige Frage. Der Sender forderte die Zuschauer auf, das zu entscheiden. Die über 600.000 Anrufer kamen mit 86,9% zu einem eindeutigen Ergebnis: Unschuldig.

Ich frage mich gerade, wie die Abstimmung wohl ausgegangen wäre, wenn an Bord des entführten Flugzeuges statt der Menschen 164 Mäuse gewesen wären. Hätte irgendwer noch ethische Einwände, das Flugzeug abzuschießen? 164 Mäuse töten, um 70.000 Menschen zu retten? Die Sache dürfte so unstrittig sein, dass wahrscheinlich niemand überhaupt nur den Film ansehen würde. Zugegeben, das Szenario ist an den Haaren herbeigezogen. Nehmen wir ein anderes. 70.000 Menschen sind von einer tödlichen Krankheit bedroht. Ein Wissenschaftler hat eine vielversprechende Forschungsidee, die zu einer Heilung führen könnte. Er beantragt daher bei der zuständigen Landesbehörde, eine Reihe von Tierversuchen mit insgesamt 164 Mäusen durchführen zu dürfen. Zustimmen oder ablehnen? Quarks & Co haben eine ähnliche Frage vor einiger Zeit ihren Facebook-Usern gestellt. Es wurde vorausgesetzt, dass es um ein lebensrettendes Medikament ginge, dessen Entwicklung von diesem Tierversuch abhinge. Gerade mal 34% der Teilnehmer fanden es ethisch gerechtfertigt, für ein solches fiktives Medikament Mäuse zu töten. Als die EU-Komission in einer Online-Befragung wissen wollte, ob Tierversuche akzeptabel seien, solange mit ihrer Hilfe medizinische Behandlungen und Medikamente entwickelt würden, bejahten dies nur 40%. Hätten wirklich doppelt so viele Fernsehzuschauer den Kampfpiloten schuldig gesprochen, wenn er Mäuse statt Menschen abgeschossen hätte?

Weichenstellerproblem, illustriert von John Danaher (creative commons)

Bei dem Flugzeug-Fall handelt es sich um eine Abwandlung des klassischen Weichensteller-Problems. Darin rast ein Zug auf ein Gleis mit fünf Personen zu. Du könntest schnell noch die Weiche umstellen, so dass er stattdessen auf einem anderen Gleis nur eine einzige Person erwischt. Umstellen oder nicht? Ganz klar ist die Sache aus Sicht des Utilitarismus, einer Ethik, die hervorragend vom ersten Offizier des Raumschiffes Enterprise, Mr. Spock, auf den Punkt gebracht wurde: „Das Wohl von Vielen, es wiegt schwerer als das Wohl von Wenigen oder eines Einzelnen.“ Demnach wählt man ganz einfach immer das Verhalten, das mehr Menschen rettet. Es wird knallhart abgewogen. Im Gegensatz dazu sagt die Pflichten-basierte Ethik, dass es Sachen gibt, die immer falsch sind, egal was der Nutzen davon wäre. Einen Menschen darf man nach manchen Vertretern dieser Sicht niemals absichtlich töten, auch nicht um viele andere zu retten. Ebenso knallhart. Die würden nämlich tatenlos zusehen, wie fünf Menschen vom Zug überrollt würden. Oder eben 70.000 vom Flugzeug. Das ist die Natur eines ethischen Dilemmas. Es gibt keinen eleganten Ausweg.

Die Parallele zu Tierversuchen liegt auf der Hand. Auf den bildlichen Schienen liegen die Menschen, die in Zukunft von unheilbaren tödlichen Krankheiten heimgesucht werden. Auf dem Ausweichgleis liegen die Tiere, an denen wir forschen müssen, um lebensrettende Medikamente zu entwickeln. Mancher mag einwenden, dass wir auch mit Tierversuchen gegen eine bestimmte Krankheit nicht mit Sicherheit ein Mittel finden werden. Betrachtet man allerdings die Geschichte der biomedizinischen Forschung, sieht man schnell, dass in regelmäßigen Abständen lebensrettende Medikamente und Behandlungen dabei herauskommen. Wir können zwar nicht sagen, welche Krankheit die bildlichen fünf Menschen auf den Schienen haben werden. Aber wir können sehr sicher sein, dass wir sie retten, wenn wir weiter forschen.

Beim Weichensteller-Problem gibt es allerdings noch einen Unterschied zu Tierversuchen, der besonders für die Pflichten-basierte Ethik wichtig ist. Wenn ich den Zug umleite, verursache ich den Tod des einen Menschen. Aber ich habe den Menschen nicht dazu benutzt, den Zug umzuleiten. Den Menschen, der so oder so durch mein Tun zu Tode kommt, interessiert das herzlich wenig. Für manche Ethiker ist das aber entscheidend. Sie argumentieren, dass ein Mensch niemals Mittel zum Zweck sein darf. Beim sicheren Tod durch Kolateralschaden können sie dagegen noch ein Auge zudrücken. Die Tiere in Tierversuchen sind aber unzweifelhaft Mittel zum Zweck. Damit das Weichensteller-Problem auch für Vertreter dieser Sichtweise mit Tierversuchen vergleichbar ist, muss man es anpassen. Zb so: darf ich Mäuse ins Getriebe werfen und so den Zug stoppen? Oder in den Tank des (unbemannten) Flugzeugs?

Wie schwerwiegend dieser Unterschied ist, darüber lässt sich streiten. Aber ich bezweifle sehr stark, dass er für das Absinken der Zustimmung von über 80% (Flugzeugfilm) auf unter 40% (Umfragen zu Tierversuchen) verantwortlich ist. Eine wesentlich naheliegendere Erklärung ist, dass keine dieser Umfragen eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung befragt hat. Wir vergleichen hier abendliche ARD-Schauer mit Leuten, die sich von sich aus auf eine Umfrage zum Thema Tierversuche melden. Es ist anzunehmen, dass in letzterer Gruppe der Anteil leidenschaftlicher Tierversuchsgegner deutlich höher ist, als im Bevölkerungsdurchschnitt. Und dann ist da natürlich noch dieses böse Wort: „Tierversuche“. Ich habe mehrfach erlebt, wie dieses Wort so starke Aversion auslöst, dass ein Gedankenexperiment im Stil von „wären Sie für Tierversuche, unter der Annahme, dass…“ unmöglich ist. Die jeweilige Annahme wird gar nicht mehr wahrgenommen. Jahrzehntelange Kampagnen unermüdlicher Tierversuchsgegner sind weitestgehend unwidersprochen auf die Bevölkerung eingeprasselt. Ganz im Geiste der postfaktischen Gesellschaft wurden und werden Sachverhalte so lange zurechtgebogen, bis sich das ethische Dilemma scheinbar in nichts auflöst. Tierversuche, so viele der einschlägigen Organisationen, hätten doch noch nie einem Menschen das Leben gerettet. Oder es gäbe haufenweise Alternativen, auf die man nur umsatteln brauche, um Tierversuche überflüssig zu machen. Beides ist unwahr. Ein Dilemma leugnen hilft nicht dabei, die ethisch beste Lösung zu finden.

Auf der anderen Seite dürfen wir Wissenschaftler auch nicht so tun, als wäre mit der Präsentation der Fakten die ethische Frage schon beantwortet. Zweifellos, die Fakten müssen wir liefern. Deswegen setzt sich Pro-Test Deutschland nicht nur für einen möglichst verantwortungsvollen Umgang mit Versuchstieren und eine konsequente Anwendung des 3R-Prinzips ein, sondern auch für größtmögliche Transparenz. Zuerst müssen die Fakten auf den Tisch. Aber dann muss überlegt werden, was angesichts der Gegebenheiten aus ethischer Sicht zu tun ist. Da gibt es eine Reihe unterschiedlicher Ansichten, denn Tierversuche sind in der Tat ein ethisches Dilemma. In den Worten von Blogger Servan Grüninger: Wir müssen „die Fakten akzeptieren und die Meinungsverschiedenheiten angehen“.

Dann lege ich mal vor. Fakt ist, dass wir mit Tierversuchen Leben retten können. Meine Meinung ist, dass wir es auch tun sollten. Nicht etwa, weil ich Tieren einen moralischen Wert abspräche. Sondern aus dem gleichen Grund, aus dem ich ohne zu zögern ein Flugzeug voller Mäuse abschießen würde, das auf ein Fußballstadion zurast: Das Wohl von Menschen, es wiegt schwerer als das Wohl von Tieren. Live long and prosper! ?

Wie Bienenforschung das Internet verbesserte

Der Verhaltensbiologe Thomas D Seeley erforschte in den 1980er und 90er Jahren, wie Honigbienen entscheiden, wieviele Sammler zu welchem Futterplatz geschickt werden. Er fand heraus, dass es keinen Boss gibt und keine Managementetage. Wie kann das gutgehen? Schließlich hängt das Überleben des Bienenstocks davon ab, dass das Futtersammeln effizient abläuft, also jede Biene dahin fliegt, wo sie am dringendsten gebraucht wird.

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Eine Biene beim Pollensammeln (Quelle: Wikipedia)

Eine Sammlerbiene, die von einem „Einsatz“ zurückkehrt, weiß, wieviel Nektar sie dabei hat, also wie lukrativ der Futterplatz ist. Jetzt achtet sie darauf, wie lange es dauert, bis eine Arbeiterbiene ihr die Ladung abnimmt und verstaut. Wenn das lange dauert, kommt gerade sehr viel Nektar rein und alle haben zu tun. Dann lohnt es sich nicht, zu mittelmäßigen Futterplätzen zu fliegen. Wenn aber sofort eine Arbeiterbiene zur Stelle ist, muss Nektarflaute herrschen. Basierend auf diesen beiden Informationen – wie gut ist mein Futterplatz und wie ist gerade die Gesamtausbeute – entscheidet die Sammlerbiene, ob sie Kolleginnen zu ihrer Futterquelle rekrutieren soll. Das macht sie mit dem berühmten Schwänzeltanz. Je beherzter sie schwänzeltanzt, desto mehr sollen mitkommen.

In diesem Video erklärt Seeley diese und andere Ergebnisse aus seiner Forschung:

Die Bienen benutzen also einen Algorithmus. Ein selbstorganisierendes System, das dazu führt, dass die Sammlerbienen immer effizient auf die Futterplätze verteilt sind. In den 90ern kollaborierte Seeley mit Craig A Tovey und John V Vate, die diesen Algorithmus auch mathematisch verstehen wollten. Sie fanden heraus, dass die Bienen mit diesem System unter stark variablen Bedingungen noch effizienter waren, als wenn sie sich nach ingenieurwissenschaftlicher Definition „optimal“ auf die jeweils aktuellen Nahrungsquellen verteilen würden.
Jahre später hatte Tovey eine Besprechung mit seinem jungen Doktoranden Sunil Nakrani. Der suchte eine Lösung für ein Problem von Webserver-Betreibern. Aus Sicherheitsgründen läuft auf einem Server immer nur eine Anwendung gleichzeitig. Zwischen Anwendungen wechseln kostet Zeit, und muss daher so effizient wie möglich passieren. Der Bedarf durch die Internet User ändert sich aber ständig, so dass die Aufteilung von Ressourcen flexibel sein muss. „Das ist ja genau wie das Sammelbienen-Verteilungsproblem“, rief Tovey und gab seinem verdutzten Studenten Literatur aus der Verhaltensbiologie zu lesen. Die Server-Ressourcen sind wie die Sammelbienen. Der Bedarf der User – also die Anfragen zahlender Kunden – sind wie verschiedene Futterquellen. Nakrani zeigte in seiner Doktorarbeit, dass der Bienen-Algorithmus eine viel effizientere Servernutzung möglich machte, als state-of-the-art Methoden. Sogar unter der Annahme, dass die in die Zukunft gucken könnten!

Der Bienen-Algorithmus und ähnliche von der Natur inspirierte Methoden werden heute auf Server-Farmen benutzt, um aus den vorhandenen Resourcen möglichst viel Internet rauszuholen. Die beteiligten Wissenschaftler hatten keine Ahnung, wofür ihre Arbeit nützlich sein könnte. Derartige Forschung wird nur von manchen Wissenschaftsförderern finanziert, und wird immer wieder angegriffen, u. a. von Tierschutzorganisationen: neugiergetriebene Grundlagenforschung.

Für den Bienen-Algorithmus wurde in diesem Jahr der Golden Goose Award verliehen, mit dem eindrucksvolle Beispiele eines unvorhersehbaren Nutzens von Grundlagenforschung gewürdigt werden.
Seeleys Forschung zum Bienenverhalten begann, bevor das www überhaupt existierte. Sie baute auf Arbeiten auf, die noch Jahrzehnte früher stattfanden, wie der des Verhaltensforschers Martin Lindauer. Grundlagenforscher sind wie Kundschafterbienen. Wir wissen nicht, was sie finden und zu was es nütze sein wird. Aber wir wissen, dass wir gar nichts finden, wenn wir sie nicht losschicken.

Parka aus Spinnenseide

Die Outdoor Marke Northface will noch dieses Jahr eine Jacke aus Spinnenseide auf  den Markt bringen. Gewonnen wird das Material nicht etwa aus abertausenden kleinen Krabblern, sondern gentechnisch aus Hefe.

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Eine Kreuzspinne produziert das Supermaterial für ihr Netz (Bildquelle: Wikipedia)

In vielen Vegan-Foren wird dieser Fortschritt gefeiert, denn bei der Gewinnung von herkömmlicher Seide müssen bislang Seidenraupen sterben. Setzt sich die synthetische Spinnenseide durch, gehört das bald der Vergangenheit an. Aber nicht nur Veganer freuen sich. Spinnenseide ist zugfester als Stahl, elastischer als Gummi und gleichzeitig weich wie Wolle. Außerdem biologisch abbaubar und biokompatibel, also verträglich bei Implantation in den Körper. Die möglichen Anwendungen reichen von Bekleidung über Materialien für die Industrie bis zu medizinischen Implantaten wie etwa Gelenkprothesen.
Möglich ist diese Entwicklung natürlich nur dadurch, dass zuerst in neugiergetriebener Grundlagenforschung die wichtigsten Prinzipien entschlüsselt wurden. Woraus besteht Spinnenseide überhaupt? Wie sind ihre Proteine aufgebaut, und welche Gene kodieren diese Proteine? Was macht die Seide so elastisch? Hängen die fantastischen Eigenschaften der Spinnenseide nur von der Proteinsequenz oder auch von der Verarbeitung durch die Spinndrüse ab? Nur durch solche Vorarbeit wussten die Biotechnologen, welche Gene in Hefe verpflanzt werden müssen, und wie eine künstliche Spinndrüse aussehen könnte, mit der das Material zu einem Faden verarbeitet wird. Für diese Grundlagenforschung mussten Spinnen sterben. Dafür haben wir heute eine Innovation, die nicht nur unzählige Seidenraupen verschonen kann, sondern bereits jetzt als womöglich wichtigste Textilinnovation seit Nylon bezeichnet wird. Eins von vielen Beispielen, bei denen die Erforschung von Tieren nicht erst durch eine Übertragbarkeit auf die menschliche Physiologie nutzbringend ist. Menschen haben nun einmal keine Spinndrüsen (außer Spiderman natürlich). Nichtsdestotrotz scheinen sich die vielen Jahrzehnte der Forschung jetzt auszuzahlen. Denn der potentielle Nutzen von synthetischer Spinnenseide ist enorm.

Tag zur Abschaffung der Tierversuche

An diesem Wochenende (23./24.4.2016) finden zum alljährlichen World Day for Lab Animals weltweit Proteste gegen Tierversuche statt. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass ihr gestern oder heute ein Flugblatt in die Hand gedrückt bekommen habt, auf dem schockierende Aussagen zu Tierversuchen stehen.

Die Kurzfassung dieser Flugblätter: Tierversuche sind nicht nur grausam, sondern auch medizinisch unnötig.

Kann das stimmen? Wer würde denn dann überhaupt noch Tierversuche machen? Wenn Ihr darauf Antworten sucht, findet Ihr im Internet meist nur Informationen von genau den Organisationen, die Euch auch schon das Flugblatt in die Hand gedrückt haben. Ganz schön einseitig. Aber zum Glück gibt es auch noch ein paar andere Stimmen – und die findet Ihr genau hier. Auf dieser Seite erklären Wissenschaftler und Studenten aus Biologie, Medizin und verwandten Richtungen, warum wir Tierversuche für notwendig halten.

Wenn Ihr überprüfen wollt, ob die Aussagen auf Flugblättern der Wahrheit entsprechen, empfehlen wir unseren Faktencheck. Weitere häufige Fragen zu Tierversuchen beantworten wir hier. Außerdem klären wir über tierfreie Alternativen auf, und ob Grundlagenforschung wirklich nur nutzlose Neugierforschung ist. Wenn Ihr weitere Fragen habt, könnt Ihr uns jederzeit kontaktieren, und wir antworten Euch garantiert. Auf unserer Facebookseite könnt Ihr auch mit uns diskutieren, wenn Ihr in einem Punkt anderer Meinung seid, wenn Euch etwas komisch vorkommt oder wenn Ihr oder einfach noch einmal genauer nachfragen wollt.

Für den eiligen Leser hier unsere Antwort auf eine Forderung, die dieses Jahr von vielen Tierversuchsgegnern in den Vordergrund gestellt wurde: Sollten wir prinzipiell verbieten, dass Tierversuche einen bestimmten Schweregrad überschreiten?

Es ist selbstverständlich, dass ein Tierversuch, wenn er denn sein muss, so wenig belastend wie möglich durchgeführt wird. In Deutschland wird behördlich kontrolliert, dass sich jeder an dieses Prinzip hält. Deshalb ist jeder wissenschaftliche Tierversuch genehmigungspflichtig und muss mit ausreichend Vorlauf beantragt werden. Dabei wird auch geprüft, ob alles unternommen wird, die Belastung für das Tier zu minimieren, z.B. durch Schmerzmittel nach einer Operation. Was aber, wenn eine wissenschaftliche Frage partout nur mit einer hohen Belastung für das Versuchstier beantwortet werden kann, z.B. in der Schmerzforschung? Müssen wir dann ganz auf die Studie verzichten?

Wir schlagen folgendes Gedankenexperiment vor: Wenn ein Mensch ganz furchtbare Schmerzen leidet, und Du ihm nur dadurch helfen könntest, dass Du genau die gleichen Schmerzen bei einer Maus verursachst – würdest Du es tun?

Diese Überlegung ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern die Wirklichkeit für viele Forschungsfelder. Zum Beispiel für Patienten mit thalamischen oder anderen zentralen Schmerzen, bei denen herkömmliche Schmerzmittel nicht wirken. Wie für viele andere Bereiche sind Tierversuche auch in der Schmerzforschung heute noch unersetzlich. Wir sind der Meinung: Wir dürfen diesen Patienten nicht nur helfen, wir müssen es! Aber das können Wissenschaftler und Ärzte natürlich nicht alleine entscheiden. Über diese Fragen muss sich die Gesellschaft als Ganzes einig werden. Wenn Ihr Euch für das Thema Tierversuche interessiert, informiert Euch gründlich über alle Aspekte, und steigt in die Diskussion ein!

Die Insel der Ratten

Wenn die Entscheidung lautet: Entweder viele, viele Ratten töten – oder tatenlos zusehen, wie sie ein ganzes Ökosystem auslöschen. Wie sieht dann ethisches Handeln aus? Umweltschutz auf Anacapa.

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Freilebende Ratte. Quelle: Wikipedia

Die Insel Anacapa beherbergt ein einzigartiges Ökosystem. Sie ist Heimat verschiedener Echsen und Kleinsäuger und gleich mehrerer bedrohter Vogelarten. 145 der dort heimischen Tier- und Pflanzenarten kommen nirgendwo sonst auf der Welt vor. Doch irgendwann kamen die ersten Ratten auf die Insel, vermutlich Continue reading

Gibt es wirklich Organisationen die so etwas sagen?

Nachtrag zum Artikel „Wenn Sie die Wahl hätten: Frikadelle oder Krebsmedikament“

Bei Pro-Test Deutschland bemühen wir uns, niemanden direkt anzugreifen. Wir wollen nicht eskalieren, Fronten verhärten, mit Fingern zeigen. Wir wollen das Gegenteil. Wir wollen unseren Beitrag leisten, verlässliche Informationen verfügbar zu machen, und mit allen anderen Mitgliedern unserer Gesellschaft auf Augenhöhe darüber sprechen, wie moralische Wissenschaft aussehen sollte. Daher habe ich im Artikel „Wenn Sie die Wahl hätten: Frikadelle oder Krebsmedikament“ keine Organisation beim Namen genannt. Mein Ziel war es lediglich, Euch für Widersprüche in bestimmten ethischen Positionen zu sensibilisieren.

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